Zwischen Algorithmus und Emotion: Wie sieht die Personalarbeit der Zukunft aus?

von Janine Kawlath • Mittwoch, 8. November 2023

Würden Sie bei der Partnersuche einem Algorithmus blind vertrauen? Auch wenn alle Parameter wie Aussehen, Hobbies, Bildungsniveau, etc. perfekt passen, ist das noch keine Garantie für eine glückliche Beziehung. Oder anders gefragt: Möchten Sie mit einem Chatbot über Ihre berufliche Zukunft sprechen? Neben Gehalt und Benefits sind es doch meistens die vermeintlich weichen Faktoren, die Menschen anziehen und binden.

Vom Hype zur Realität

Vor gut einem Jahr wurde Künstliche Intelligenz mit ChatGPT plötzlich zum Mainstream und  „das Ende der Arbeit, wie wir sie bisher kannten“ ausgerufen. Wenn wir heute einen Blick auf unsere Personalabteilungen werfen, dann erkennen wir noch keine wirklich disruptive Veränderung. Von einem Hype oder vorübergehenden Trend zu sprechen, wäre aber dennoch grundlegend falsch. KI ist gekommen, um zu bleiben. Die Einsatzbereiche reichen von People Analytics, über Chatbots bis hin zu Text- oder Videoanalysen, die Aufschluss über die Persönlichkeit von Kandidat:innen geben sollen. Zeit für uns, einmal einen kritischen Blick nach vorne zu werfen. Was kann KI leisten und was (noch) nicht?

Employer Branding

Wer seinen Arbeitgeberauftritt mit Tools wie ChatGPT oder Midjourney schnell und kostengünstig gestalten möchte, kann mitunter gute Ergebnisse erzielen. Was uns als leidenschaftliche Texterinnen und Texter am meisten fasziniert: Durch gezieltes Prompt-Engineering lassen sich Texte sogar in die eigene Markensprache übersetzen. Allerdings lauert dabei immer auch die Gefahr von Instant-Positionierungen und langweiligen Social Media Auftritten. Wirklich gute Kampagnen brauchen nach wie vor den Input kreativer Köpfe.

Recruiting

Das Screenen von hunderten Lebensläufen ist nicht nur zeitraubend, sondern auch keine sehr beliebte Aufgabe bei Recruiter:innen. Schon heute kann KI das wesentlich schneller. Aber auch besser? Theoretisch soll dadurch mehr Objektivität bei der Vorauswahl entstehen. In der Praxis passiert es aber immer wieder, dass KI-Systeme menschliche Vorurteile fortführen, da sie schon in den Trainingsdaten stecken. Auch wenn es um Eignungsdiagnostik geht, fallen die meisten Tools in wissenschaftlichen Studien durch.

Mitarbeiterbindung und -entwicklung

KI kann die Mitarbeiterbindung fördern, indem sie Frühwarnsysteme für Kündigungen erstellt und personalisierte Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt. Diese Daten sind eine wichtige Grundlage für die Gestaltung der Employee Experience. KI analysiert die Vergangenheit und trifft daraus Vorhersagen für die Zukunft. Aber sie wird nie wissen, was Ihre Mitarbeitenden aktuell beschäftigt. KI ist daher immer nur eine Ergänzung und keinesfalls ein Ersatz für einen stetigen Dialog mit den eigenen Mitarbeitenden.

Je technischer der Prozess, umso menschlicher muss Personalarbeit sein

Selbst wenn wir die Kinderkrankheiten von KI in einigen Jahren erfolgreich überwinden, wird sie in Zukunft die Personalarbeit nicht vollständig ersetzen können. Denn die Grenzen beginnen dort, wo menschliche Emotionen ins Spiel kommen. Der größte Vorteil aus unserer Sicht:  KI kann uns in Zukunft viele administrative Aufgaben abnehmen, damit wir wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge haben. Schließlich haben wir uns doch für einen Job im Personalbereich beworben, weil wir mit Menschen arbeiten wollen.

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